Brauchen wir überhaupt noch einen Travel Manager? Oder sind wir beim Sparen nicht am Limit angekommen? Kommt darauf an, wie umfassend man diese Aufgabe definiert.
Procurement (Einkauf) bringt große Vorteile durch die klar strukturierte Vorgehensweise im Procurement-Zyklus, im Sachgebiets- und im Anbieter-Management durch Leistungsindikatoren (Kennzahlen, KPIs) sowie durch den standardisierten Ausschreibungs- und Bewertungsprozess. Es ist zwar diese Effizienz, die in der Vergangenheit große Einsparungen ermöglicht hat, aber dieses Potenzial wird immer geringer.
Irgendwann hat man die besten Resultate erreicht, welche sich mit dem jetzigen Reisebudget erzielen lassen. Gleichzeitig ist das Procurement so effizient geworden, dass wir mehr in immer weniger Zeit erledigen können. Travel Manager werden heute oft angehalten, zusätzliche Kategorien wie beispielsweise MICE oder Fuhrpark zu managen, so dass die Hauptarbeit mitunter von wenig geschultem Personal gemacht oder dass der ganze Fachbereich tatsächlich an eine TMC ausgelagert werden kann. Für die Firma mag dies eine sehr effiziente Vorgangsweise sein. Für die Funktion des Travel Managers jedoch stellt es eine sehr beunruhigende Entwicklung dar. Viele fragen sich daher: Wird mein Job in fünf Jahren überhaupt noch relevant sein?
Die zwei traditionellen Säulen des Travel Managements sind zum einen die Kostenkontrolle durch die TMC sowie das Online-Buchungsportal und zum anderen die Verifikation durch ein Kostenmanagement-System. Aber wir sind so fokussiert auf den Procurement-Zyklus, dass wir Möglichkeiten außerhalb dieses Standardablaufs übersehen.
Mehr als Procurement-Zyklus
Wir betrachten zwar die „End-to-End“-Kosten oder die viel beschworenen „Total Cost of Travel“ als das ultimative Ziel, gleichzeitig jedoch konzentrieren wir uns meist auf einen immer stärker schrumpfenden Teil dieser Kosten. Gewiss sind Flugpreise und Hotelzimmerraten vergleichsweise einfach zu messen. Fakt ist aber, dass ihr Anteil am gesamten Kostenblock „Reise“ immer geringer wird.
Die Frage lautet daher: Welche alternativen Datenquellen kann ich nutzen, um mir einen besseren Überblick über alle Kosten zu verschaffen, und wie könnte mir dies dabei helfen, meine Kosten – wie es so schön auf Neudeutsch heißt – „proaktiver“ zu managen? Kann diese Datenvielfalt mich auch dabei unterstützen, meine Reisereiserichtlinien und Autorisierungen dynamisch zu leiten? Kann ich die Kosten schon im Voraus – also wieder proaktiv – verhandeln, anstelle sie in einem reaktiven Vorgang erst einige Monate später zu analysieren? Und: Kostenkontrolle bedeutet nicht nur das „Verringern“, sondern auch das „Vermeiden“ von Ausgaben. Diese Kostenvermeidung (Cost Avoidance) sollte ganz klar eine dritte Säule im Reisemanagement neben den beiden oben erwähnten darstellen.
Also: Existieren Risiken und durch diese entstehende Kosten, die sich verhindern, mildern oder wenigstens steuern lassen? Der naheliegendste Bereich ist die Sicherheit auf Reisen. Sind sich meine Mitarbeiter aller Risiken bewusst? Wie kann ich eine Krisensituation managen (Travel Risk Management)? Wie sollten sich meine reisenden Mitarbeiter in einer Notsituation verhalten, welche Regeln müssen sie befolgen?
Das Problem: Wir verlassen uns derzeit ausschließlich auf „gebuchte“ Daten. Niemand aber kann sagen, ob ein Reisender diesen gebuchten Flug wirklich angetreten hat. Ist die Person tatsächlich am Zielort eingetroffen? Wo genau befindet sich der Reisende zum konkreten Zeitpunkt eines Vorfalls? Könnte die Person sich selbst, und damit auch zum die Firma, durch ihr Verhalten in Gefahr begeben?
Dieses Gebiet zu managen betrifft aber nicht nur die Sicherheit der Reisenden, sondern kann auch weitläufige Auswirkungen auf andere Firmenbereiche haben. Zum Beispiel: Kann ich die Versicherungskosten senken, indem ich meine reisenden Mitarbeiter proaktiv während der ganzen Reise betreue? Kann ich helfen, Rechtsprobleme zu vermeiden, oder wenigstes sofort handeln, falls es zu solchen kommen sollte? Alles Fragen, deren (effiziente) Beantwortung erheblich zum Kostensparen im Travel Management beitragen kann.
Es gibt aber noch weitere Bereiche, in denen das Travel Management Beiträge leisten kann, die nicht direkt mit Kosten verbunden ist. Im indirekten Sinne allerdings schon: Wir sprechen hier von Leistungs- und Ertragssteigerungen sowie Mitarbeiter-Effizienz. Das wäre dann die vierte Säule des Travel Managements. Konkret: Welche Hilfe kann ich als Travel Manager den Kollegen geben, damit ihre Reisen reibungsloser und effizienter ablaufen? Kann ich möglichst schnell auch auf kleinere Probleme reagieren? Was mache ich, wenn der Reisende sein Hotelzimmer nicht mag? Obwohl ich vielleicht nicht immer direkt eingreifen kann, wie kann ich solche Ereignisse trotzdem managen?
Lassen sich weitere Dienste nutzen, welche die Investition der Firma in eine Reise noch effizienter machen? Gewiss, wer einer Person eine Reise über mehrere Tausend Euro organisiert, stellt sicher, dass diese Person am Zielort eintrifft. Aber welche Möglichkeiten gibt es darüber hinaus, dass der Reisende an seinem Reiseziel seine Effizienz steigern kann? Könnte ich zum Beispiel Kurse organisieren, die Mitarbeitern helfen, die geschäftlichen und kulturellen Gepflogenheiten in anderen Ländern zu vermitteln? Denn verfügen sie über derartige Kenntnisse, machen sie deutlich weniger Fehler, umgehen Fettnäpfchen und steigern damit ihre Produktivität.
Jede Menge neue Aufgaben im Travel Management
Es gäbe also eine Menge neuer Aufgaben im Travel Management. Manch einer mag sich nun fragen: Will ich mich wirklich damit beschäftigen? Ist der Fokus auf die Kostenreduktion, also auf die beiden klassischen Säulen Kostenkontrolle und Verifikation, nicht genug? Sollte ich wirklich die dritte Säule, die Kostenvermeidung also, proaktiver angehen? Ist die vierte Säule der Leistungs- und Ertragssteigerungen von Mitarbeitern wirklich meine Aufgabe als Travel Manager?
Gewiss, dies alles sind einleuchtende und erlaubte Fragen – die Antwort darauf muss jeder für sich finden. Klar ist dabei allerdings eines: Die allein durch den traditionellen Einkauf erzielten Einsparungen werden immer kleiner und im Reisemanagement immer weniger wichtig. Was bedeutet diese Entwicklung für mich? Wir wären also wieder bei der Ausgangsfrage angelangt: Ist mein Job in fünf Jahren überhaupt noch relevant?
cc Andreas J. G. Wellauer